Werner Seelenbinder - Ein Held des Arbeitersports ist tot.

Göttingen, 7. Mai (jm) - Auf Irrwegen erreichte uns ein tragischer Abschiedsbrief. Der Ringer Werner Seelenbinder - Spartakiadesieger 1928, mehrfacher Deutscher Meister im Halbschwergewicht und Olympia-Vierter von Berlin 1936 - schrieb ihn, bevor er unter dem Fallbeil starb. Seit 1928 KPD-Mitglied, verziehen ihm die Nazis seinen Protest gegen das Regime anläßlich der Siegerehrung zur Deutschen Meisterschaft 1933 niemals. Für seinen aktiven Widerstand als Kurier der illegalen KPD brachten ihn die Nazis und die deutsche Justiz auf das Schafott. Nach einem Jahr KZ-Haft und Folter war Seelenbinder von einstmals 90 auf 60 Kilo abgemagert und körperlich nur noch ein Schatten seiner selbst. Über sein Inneres mag der nachstehend dokumentierte Brief vom 24. Oktober 1944, dem Tag seiner Hinrichtung, an seine Liebsten Zeugnis ablegen.

Ein Bild von
Werner Seelenbinder im Ringkampf

Sein Abschiedsbrief:

"Die Stunde des Abschieds ist nun für mich gekommen. Ich habe in der Zeit meiner Haft wohl alles durchgemacht, was ein Mensch so durchmachen kann. Krankheit und körperliche und seelische Qualen, nichts ist mir erspart geblieben. Ich hätte gerne gemeinsam mit Euch, mit meinen Freunden und Sportkameraden, die Köstlichkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens, die ich jetzt doppelt zu schätzen weiß, nach dem Krieg mit Euch erlebt. Es waren schöne Stunden, die ich mit Euch verlebt habe, und ich habe in meiner Haftzeit davon gezehrt und mir diese herrliche Zeit zurück gewünscht. Das Schicksal hat es nun leider nach langer Leidenszeit anders bestimmt. Ich weiß aber, daß ich in den Herzen von Euch und auch bei vielen Sportanhängern einen Platz gefunden habe, den ich immer darin behaupten werde. Dieses Bewußtsein macht mich stolz und stark und wird mich in letzter Stunde nicht schwach sehen."

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