Kommentar

Von Krieg, Gewalt und Vergewaltigung

(ca) Die Russen zünden Berlin an - wo sie auftauchen, brennt es, fallen Häuser in Trümmer, werden Frauen in Massen vergewaltigt. Die Befreiung - eine Zerstörungsorgie. Die Deutschen, vor allem die Frauen - sind die Opfer. So das gängige Bild.

Es eine unleugbare Tatsache, daß Rotarmisten einzeln und in Gruppen Massen von Frauen und Mädchen in und um Berlin vergewaltigen. Problematisch ist aber bei den Erfahrungsberichten, wie sich in den Wahrnehmungen der vergewaltigten Frauen die anti-bolschewistische Propaganda von 12 Jahren Nazi-Herrschaft wiederspiegelt. Diese Vergewaltigungen spielen sich in einem bestimmten Kontext ab, und dieser Kontext ist der Zweite Weltkrieg, dessen Ende in Berlin von der Roten Armee erkämpft wurde. Deutschland hat den Eroberungs- und Vernichtungskrieg in seinem brutalsten Ausmaß gegen die Sowjetunion geführt, Verschleppung von Zwangsarbeiterinnen, systematische Umvolkung, Millionen Tote, die Liste ließe sich fortführen. Polnische, russiche, jüdische Frauen wurden von der deutschen Wehrmacht zur Zwangsprostitution mißbraucht, in den KZs richtete man Bordelle ein. Dieser Zusammenhang muß erwähnt werden, ohne damit Vergewaltigungen an deutschen Frauen gegenüber deutschen Verbrechen an sowjetischen Menschen in irgendeiner Weise relativieren zu wollen. Von den betroffenen deutschen Frauen darf niemand erwarten, daß sie unter dieser Gewalterfahrung weniger leiden, weil deutsche Männer anderes Leid verschuldet haben.

Vergewaltigungen finden im Frieden und im Krieg statt und es ist im Prinzip egal, ob sie von einem Russen, einem Amerikaner, einem Franzosen oder einem Deutschen begangen wird. Im Krieg sind Vergewaltigungen Ausdruck der Männerherrschaft und dienen der "Befriedigung" der eigenen Truppe wie zur Erniedrigung des Feindes. Vom Gegner "geschändete" Frauen werden oft von ihren Männern und Verwandten verstoßen oder weiter gedemütigt. Die Frau ist auch ein Schlachtfeld, auf dem dieser Männerkreig ausgefochten wird.

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