Meldungen zum 8.April

Die militärische Lage

Göttingen, 7. Mai (jj) - Es kursieren Gerüchte, nach denen der ehemalige General der Infanterie, Friedrich Hoßbach, sowohl die städtischen als auch die übergeordneten Militärs zur Nicht-Verteidigung und damit zur Verschonung der Stadt veranlaßt haben soll.

Hoßbach hatte früher das Kommando über das 82er-Regiment und war in den 30er Jahren zum Adjudanten Adolf Hitlers aufgestiegen. Er hat somit frühzeitig von den Kriegsplanungen der Nazi-Führung gewußt. Während des Krieges wurde er von Hitler, wahrscheinlich wegen militärischer Differenzen, als Kommandeur einer Einheit in Ostpreußen abgesetzt. Er kehrte nach Göttingen zurück, hatte hier aber keine strategischen Aufgaben. Das Kommando über die im Leinetal eingesetzte 11. Armee lehnte er mit der Begründung ab, den "unbescholtenen Soldatenruf nicht mit einer militärischen Niederlage vor den Toren meiner alten Garnisionsstadt zu belasten." Seine soldatische Eitelkeit ließ ihn allenfalls eine beratende Funktion der örtlichen Militärs einnehmen.

Die Entscheidung, Göttingen nicht zur umkämpften Stadt werden zu lassen fiel anderswo. Anfang des Jahres befanden sich 6.000 Soldaten in Göttingen. Gleichzeitig waren in Krankenhäusern und Lazaretten über 2.000 Kranke und Verwundete untergebracht. Nachdem am 26. März ein Großteil der hier stationierten Truppen aus taktischen Gründen abgezogen worden war, muß in der Führung der 11. Armee die Einsicht in die Zwecklosigkeit einer Verteidigung der Stadt gereift sein. Zwischen dem 3.und 6. April erhielt die 11. Armee von ihrem Kommandeur, Generalleutnant Hitzfeld, den inoffiziellen Befehl, Göttingen beim Rückzug zu umgehen und die Amerikaner nicht zu einem Angriff zu veranlassen.


Rettung der Institute

Göttingen, 7. Mai (jj) - Auch an der Universität Göttingen ist die Diskussion darüber entbrannt, wer sich entscheidend für die Rettung einiger Institute, vor allem der naturwissenschaftlichen, eingesetzt habe. Vor allem behaupten die ehemaligen Rektoren Hans Plischke und Hans Drexler, die von Parteifunktionären geplante Sprengung von Teilen der Universität verhindert zu haben.

Beide waren in der Nazi-Zeit für die "Säuberung" der Uni von nicht-arischen und politisch unbequemen Menschen sowie für die Gleichschaltung der Wissenschaft mitverantwortlich.

Ihre Intervention bei Gauleiter Lauterbacher und Kreisleiter Gengler gegen die Sprengungen blieb jedoch erfolglos und müßte beiden ihre Hilflosigkeit gegenüber Parteifunktionären vor Augen geführt haben. Daß es nicht zur Zerstörung kam, verdankt die Universität einem Sonderbefehl des Oberkommandos der Wehrmacht vom 4. April, in dem die Verantwortung für Zerstörungsmaßnahmen den Militärs übergeben wurde. Diese hatten aber kein Interesse an der Sprengung.


Kurzmeldungen

Am 11. April wurde Oberbürgermeister Albert Gnade endlich seines Amtes enthoben. An seiner Stelle wurde Amtsgerichtsrat a.D. Erich Schmidt von der Militärregierung zum Oberbürgermeister ernannt.

Seit dem 17. April können wir wieder vom "Theaterplatz" über die "Theaterstraße" zur "Weender Straße" gehen. Die an diesen Orten zuvor angebrachten Straßenschilder "Adolf-Hitler-Platz", "Franz-Seldte-Straße" und "Straße der SA" wurden abmontiert und beseitigt.

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