Aufruf aus dem Ruhrgebiet

An Alle!

Der Lärm des Krieges ist verstummt. Wir stehen vor den Trümmern von Dörfern, Städten, Ländern. Wir stehen vor den zertretenen Leben von Millionen von Menschen. Wir stehen vor dem Erbe einer verantwortungslosen Clique von Machthabern, die keinen anderen Ausweg aus der Krise wußte, als den, zügellose Horde von Meuchelmördern auf das deutsche Volk loszulassen, und schließlich Europa und die ganze Welt in Brand zu stecken.Der Krieg ist das größte Unrecht, das der Menschheit zugefügt werden kann. Der Krieg ist die Herrschaft des Faustrechts im Leben der Völker, die Herrschaft der rohen Gewalt, ungehemmt durch Recht und Gesetz.Wir haben ihn nicht verhindert. Wir haben uns nötigen lassen mitzumachen. Aber wir haben genug davon ! Wir sind entschlossen, den Frieden diesmal wirklich zu sichern. Wir wissen, daß nicht nur die Nazis schuld an diesem Kriege sind. Die Hauptschuldigen sind die, welche die Nazis groß gemacht haben, die Kohlenbarone und Eisenkönige, die Junker und Generäle. Sie sind die Stützen des deutschen Imperialismus. Ihre Macht gilt es zu zerschlagen, - dann haben wir die Grundlage geschaffen für ein freies Deutschland, das von sich aus keinen neuen Krieg beginnen wird. Arbeiter, Handwerker, Bauern - Friedliebende aller Stände! Es gilt nachzuholen, was wir 1918 versäumt haben, um zu vermeiden, daß ein neuer Krieg jemals wieder über uns hereinbrechen kann. Es gilt, eine Partei zu schaffen, die zielsicher und entschlossen die Voraussetzung schafft für ein vernünftiges Zusammenleben überhaupt:

Die Sicherung des Friedens!

Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist die Durchführung folgender Mindestforderungen unerlässlich:

  1. Ausrottung des preussischen Militarismus. Beseitigung aller nationalsozialistischer Gesetze und Einrichtungen. Beseitigung der Gestapo. Sühne der nationalsozialistischen Verbrechen. Reinigung des Staatsapparates und aller sonstigen öffentlichen Körperschaften sowie der privaten Wirtschaft von allen Nationalsozialisten und ihrer Helfershelfer.
  2. Wiederherstellung der persönlichen und politischen Freiheitsrechte. Neuaufbau und Sicherung der Demokratie. Koalitionsrecht. Föderalistische Gliederung Deutschlands unter Ablehnung aller separatistischen Bestrebungen. Demokratische Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbänden.
  3. Enteignung des ländlichen und städtischen Großgrundbesitzes. Sozialisierung der Bodenschätze, Kraftquellen, des Verkehrswesens, der Schwer- und Großindustrie, des Bank- und Kreditwesens und der großen Versicherungsunternehmen.
  4. Wiederaufbau der gesamten Wirtschaft nach einem einheitlichen Plan, Wiederaufbau der zerstörten Gebiete nach gemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Förderung aller Zweige des Genossenschaftswesens. Sicherung der Möäglichkeit einer menschenwürdigen Existenz für jeden Einzelnen.
  5. Neuaufbau des gesamten Erziehungswesens im Geiste der Freiheit, Gerechtigkeit, Humanität und internationaler Solidarität, unter Bekämpfung von Rassenwahn und Völkerhass.
  6. Eingliederung Deutschlands in eine zu schaffende europäische und internationale Völkergemeinschaft. Förderung der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere mit den internationalen Arbeiterorganisationen. Verzicht auf jede Gewaltpolitik.

Noch sind die Parteien offiziell nicht zugelassen. Der Weg für eine sozialistische Einheitspartei liegt also noch frei vor uns. Diskutiert überall die unerläßliche Mindestforderungen und bildet Ausschüsse für den Aufbau einer von allen Fehlern gereinigten sozialistischen Einheitspartei. Es lebe der Friede, es lebe der Sozialismus!

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